Ebbe und Flut, die Kraft der Elbe, sie haben die frühere Elbinsel und heutige Halbinsel bis in die Gegenwart geprägt. Gewaltig sind die Deichanlagen, die seit 1962 die rund 12.000 Einwohner schützen. Doch andererseits: gerade diese Begradigung der Elbe und die damit zusammenhängende Industrialisierung, sie wurde auch zum Totengräber – zumindest für das ehemalige Fischerdorf.
Dessen nördlicher Teil gehört schon seit 1445 zu Hamburg. Damals konnte man in den Sommermonaten manchmal trockenen Fußes über einige Holzlatten die Norderelbe noch nach Nienstedten überqueren, wenn dieser Teil der Elbe in den Sommermonaten zu einem kleinen Rinnsal verkam. Kaum vorstellbar, denn heute beherrschen nicht selten Containerriesen gerade dieses besonders kräftige Teilstück der Elbe. Welch´ gewaltige Veränderungen müssen hier unter Hamburger Staatsflagge stattgefunden haben?
Das moderne Finkenwerder, es ist heute geprägt durch das große Airbus-Flugzeugwerk am Rande des Mühlenberger Lochs. Doch wie vergänglich solche Werke manchmal sind, wie sie dem Auf und Ab wirtschaftlicher Interessen unterliegen, das zeigt uns das Gelände kurz davor: heute von Grashalmen dominiert, war es einst Standort der Deutschen Werft, wo in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts 6000 Menschen arbeiteten.
Bekannt sind die Finkwarder Speeldeel, eine 1906 vom Heimatdichter Gorch Fock gegründete Tanz- und Gesangsgruppe, die durch viele Auftritte in Hörfunk und Fernsehen populär wurde. An jenen Gorch Fock erinnert noch heute ein gleichnamiger Park, wo unsere Radtour beginnt. Dem folgt ein kleines Stück durch eine alte Arbeiter- und Werkmeistersiedlung, die in typischer Hamburger Klinkerbauweise zu Zeiten der Großwerft errichtet wurde. Ähnlich widersprüchlich ist es dann auch auf dem Werksgelände selbst: heute eine Oase der Ruhe mit herrlichem Blick rüber auf die andere Elbseite nach Teufelsbrück, war es einst ein Ort, wo Tausende Zwangsarbeiter in der Nazi-Zeit gequält wurden. Andererseits: gerade die Deutsche Werft eine Hochburg des Widerstandes einfacher Werftarbeiter gegen diese Tyrannei!
Fast idyllisch wirkt in heutiger Zeit dann das alte Betonfundament des U-Boot-Bunkers Fink II, der erst seit 2006 wieder sichtbar ist. Eher laut ist es dann am Geburtshaus von Gorch Fock, wo der Autoverkehr sich durch engste Straßen quält. Die verlassen wir schnell wieder in Richtung des Naturschutzgebietes Alte Süderelbe. In historischer Zeit mal der Hauptarm der Elbe, wurde sie nach 1962 im Zuge von Hochwasserschutzmaßnahmen vom Elbstrom abgetrennt. Ehemaliger Auwald, Priele und Rinnen bezeugen diese Vergangenheit des heutigen Stillgewässers.
Über die nicht minderwertigen Westerweiden radeln wir im Anschluss in Richtung des Süderdeichs auf den alten Rosengarten zu. Am Rande von Neuenfelde - hier verlassen wir Finkenwerder ein ganz kleines Stück - erreichen wir Bundts Gartenrestaurant, wo nicht nur das Obstanbaugebiet des Alten Landes beginnt, sondern uns duftender Kaffee und ein Stück Kuchen zu einer kleinen Verschnaufpause einladen.
Gestärkt lassen wir im Anschluss das moderne Finkenwerder gänzlich hinter uns: Dem Lauf der Alten Süderelbe folgend, radeln wir über grüne Lungen in den südlichen Teil der Halbinsel, wo bei St. Nikolai einst die Grenze zwischen Hamburg und Preußen lag. Vorbei an uralten Bauernhäusern geht es dann noch zum Museumshafen der Elbfischer, bevor unsere Radtour schließlich dort endet, wo sie etwa drei bis dreieinhalb Stunden zuvor begann: am Fähranleger Finkenwerder.
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